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BSK im Dialog

Mit der Politik ins Gespräch kommen, Sachverhalte aus erster Hand erfahren, über Hintergründe informieren, Kontakte knüpfen – so die Zielsetzung 2008, als die  ersten „Krautheimer Gespräche“ initiiert wurden. Seit dem konnte der BSK viele Gesprächspartner*innen zu den unterschiedlichsten Themen – immer im Zusammenhang mit Menschen mit Behinderung – auf dem Podium begrüßen.
Ursprünglich als „Krautheimer Gespräche“ zog die Gesprächsreihe immer weitere Kreise und findet öfter auch direkt dort statt, wo Politik gemacht wird: in Berlin. Darum wurde für die Hauptstadt den Titel „BSK im Dialog“ festgelegt.

Nachfolgend ist eine Auswahl der Gesprächsreihe aufgeführt:

Bundesteilhabegesetz - Das Ziel ist klar „der Weg ist steinig“

„Wir sind noch eine ganze Ecke vom Bundesteilhabegesetz entfernt und der Weg dorthin ist steinig“, räumte Gabriele Lösekrug-Möller, MdB, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und Leiterin der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz im BMAS , gleich zu Beginn der Gesprächsrunde mit Moderator und BSK-Vorstandsmitglied Karl Finke ein. Über 80 Gäste, darunter VertreterInnen von Behindertenverbänden, Einrichtungen, BSK-Untergliederungen und selbst betroffene Menschen, folgten der Einladung des BSK zu dieser Dialogrunde in der Vertretung des Saarlandes beim Bund.

Moderator Karl Finke sieht im derzeitigen Prozess die historische Chance, ein „gutes Bundesteilhabegesetz zu installieren“, weil von Beginn an Menschen mit Behinderung und ihre Interessenvertreter berücksichtigt wurden. Er teilte die Gesprächsrunde zunächst in drei Themengebiete auf: Teilhabe am Arbeitsmarkt, Einkommens- und vermögensunabhängige Leistungen und das Bundesteilhabegeld. Für ihn ist die Regelung einer Teilhabe am sogenannten ersten Arbeitsmarkt eine der Kernfragen bei der Formulierung der Gesetzesvorlage.

Gabriele Lösekrug-Möller wies darauf hin, dass „der Übergang von der Schule ins Berufsleben insbesondere die Aus- und Weiterbildung von Menschen mit Behinderung für den allgemeinen Arbeitsmarkt von zentraler Bedeutung sei“. Jedoch betonte sie, dass „dass für Menschen, die sich nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zurecht finden, auch der Weg zurück in die WfbM möglich sein muss“. Bei der Frage der Einkommens- und Vermögensunabhängigkeit wurden aus dem Kreis der Gäste viele Beispiele beschrieben.

Hier stand besonders die derzeitige finanzielle Situation von Ehepartnern im Fokus, bei denen einer von beiden eine Behinderung hat und auf Hilfsmittel bzw. Assistenz angewiesen ist. Für Karl Finke ist klar, dass „die Regelung über gutes Teilhabegeld die Selbstbestimmung und Selbständigkeit von Menschen mit Behinderung fördert. Abschliessend fügte Finke hinzu, dass die Behindertenverbände weiterhin gefordert sind, bei der Gestaltung der Gesetzesvorlage weiter aktiv mitzuarbeiten und ihre Ansprüche auch in Bezug auf die UN-Behindertenrechtskonvention zu formulieren.

Die Eckpunkte für das Bundesteilhabegesetz sollen nach den Sommerferien fertig sein und der Gesetzentwurf soll dann im Herbst dem Bundestag vorgelegt werden, damit im kommenden Jahr eine Verabschiedung möglich wird.

Gesetzentwurf für Bundesteilhabegesetz kommt 2015

"Das Bundesteilhabegesetz wird kommen", stellte Wolfgang Rombach, Leiter der Unterabteilung Sozialhilfe im Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, gleich zu Beginn seines Impulsreferates bei der ersten politischen Diskussion "BSK im Dialog" am 7. März 2014 in der Hessischen Landesvertretung beim Bund in Berlin fest.

Der Einladung des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter folgten dem Bericht des BSK zufolge 75 Gäste, darunter VertreterInnen verschiedener Behindertenverbänden und Mitglieder des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK). Mit im Podium war auch Rechtsassessorin Christiane Möller, ehrenamtliche Mitarbeiterin beim Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten sowie beim Forum behinderter Juristinnen und Juristen. Die Gesprächsrunde leitete Karl Finke, Landesbehindertenbeauftragter für Menschen mit Behinderung in Niedersachsen und Mitglied im BSK-Bundesvorstand.

In seiner Begrüßungsansprache hob Gerwin Matysiak, Vorsitzender beim Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter die Bedeutung der Podiumsdiskussionen vom BSK hervor: "Wir sehen es als unsere Aufgabe die sogenannte nichtbehinderte Öffentlichkeit für die Probleme von Menschen mit Behinderung durch die Podiumsdiskussion BSK im Dialog zu sensibilisieren und letztere aufzuklären und hoffen dabei, weitere politische Fürsprecher zu gewinnen, die unser Anliegen in die Parteien und Gremien tragen."

Wolfgang Rombach gab anschliessend einen Überblick über den Status Quo der Gesetzgebung. "Spätestens nach der Sommerpause sollen Entscheidungsträger von Behindertenverbänden beim Entwicklungsprozess des Gesetzes beteiligt werden", betonte Wolfgang Rombach einem Bericht des BSK zufolge. Nach seiner Aussage wird angestrebt einen Gesetzesentwurf für ein Bundesteilhabegesetz noch in 2015 vorzulegen. "Vertreter der sozialen Bewegung, so auch der BSK, müssen von der Stunde Null an bei der Ausarbeitung beteiligt werden", ergänzte Karl Finke.

Christiane Möller erläuterte zunächst die Motivation des Forums behinderter Juristinnen und Juristen bei der Ausarbeitung der Gesetzesvorlage: "Bislang gab es nur Eckpunkte und Stellungahmen von Parteien und Verbänden. Unsere zentralen Punkte waren die Herauslösung der Teilhaberechte aus dem Fürsorgeprinzip und hin zu einem teilhabeorientierten Ansatz." Zum Thema Eingliederungshilfe erklärte sie: "Wir wollen, dass der Begriff Behinderung rechtskonform gestaltet wird und die Begriffe Beeinträchtigung und Barrieren in Abhängigkeit gestellt werden."

Beim Thema Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Entlohnung gab es sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen. Christiane Möller gab zu bedenken, dass eine dauerhafte Beschäftigung in einem arbeitnehmerähnlichen Status nicht konform mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist. Axel Willenberg, stellvertretendes Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM) räumte ein, "dass Menschen mit Behinderung nur unter Schwierigkeiten außerhalb einer WfMB zu beschäftigen sind" und fügte hinzu, "wir sind aber dabei, andere Möglichkeiten zu suchen."

Eine Zuhörerin wies auf die Bedeutung der Leistungsformen im Gesetz hin und sieht in "qualifizierten Beratungsleistungen von betroffenen Menschen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes Leben einen essentiellen Bestandteil, um einen Dialog auf Augenhöhe herzustellen". Christiane Möller stellte dazu klar: "Uns war es bei der Formulierung wichtig, eine von Leistungsträgern und Leistungserbringern unabhängige Beratung zu ermöglichen, die den Ansprüchen betroffener Menschen gerecht wird."

In seinem Fazit fasste Karl Finke die Inhalte der Diskussionsrunde zusammen: "Wir möchten beim Bündnis Sozialer Bewegung von der Stunde Null auf der Arbeitsebene der Staatssekretäre an mitarbeiten und nicht am Katzentisch sitzen. Wir planen und wir gestalten mit und wir fordern, dass ehrenamtliche Arbeit gefördert wird."

BSK im Dialog mit Bündnis 90/Die Grünen

Zu einem Informationsaustausch über aktuelle sozialpolitische Themen besuchten am 26.02.2014 Harald Ebner, MdB, Catherine Kern, Vorstandsmitglied Kreis Hohenlohe und Gudrun Merkle, Mitarbeiterin im Wahlkreisbüro, den Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. in Krautheim.

Jürgen Milewski von der Bewohnervertretung des Eduard-Knoll-Wohnzentrums führte die Gäste zunächst durch das Haus (Foto) und erläuterte die Besonderheiten der Einrichtung.

Im Anschluss daran diskutierten Norman Weyrosta, Geschäftsführer im EKWZ und Ulf-D. Schwarz, Geschäftsstellenleiter beim BSK e.V., mit den Gästen über kommunale und bundespolitische Aufgaben der Behindertenarbeit.

Die Situation beim öffentlichen Personennahverkehr im Hohenlohekreis stand dabei im Mittelpunkt der Unterredung. „Wenn Bewohner unserer Einrichtung von hier aus mit dem Bus nach Bad Mergentheim oder Künzelsau fahren möchten, gibt es keine Garantie, dass ein barrierefreies Fahrzeug an die Haltestelle kommt“, kritisierte Norman Weyrosta die Verkehrspolitik des Nahverkehrsverbundes Hohenlohe, NVH. „Es fehlt die Verbindlichkeit auf Fahrplänen, die den Einsatz von Niederflurbussen für Rollstuhlfahrer regelt und die Berücksichtigung sinnesbehinderter Menschen“, ergänzte Ulf-D. Schwarz.

Für Harald Ebner ist die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs auch von der demografischen Entwicklung der Bevölkerung abhängig. „Der Nahverkehr lebt hauptsächlich von der Schülerbeförderung. Es wird deshalb in Zukunft eine große Herausforderung sein, den Status Quo bei den Nahverkehrsbetrieben zu halten“, bemerkte Ebner. Catherine Kern sieht in jeder Verbesserung in Richtung Barrierefreiheit beim ÖPNV Vorteile für eine breite Masse: „Von der Barrierefreiheit profitieren letztendlich alle Menschen“.

Ihre Botschaft an den BSK: „Fordern Sie im Kreisrat vehement Ihr Recht auf Teilhabe ein“.

„Mitentscheidung für Menschen mit Behinderung“

Dr. Inge Gräßle, Mitglied des Europaparlaments, besuchte am Freitag, 23. August 2013, den Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. in Krautheim. Auf dem Programm stand eine Podiumsdiskussion mit Mitgliedern des BSK-Bundesvorstandes, BewohnerInnen des Eduard-Knoll-Wohnzentrums, Mitarbeitern der Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung und BSK-MitarbeiterInnen.

Die Themen lauteten Mobilität für Menschen mit Behinderung und politische Mitentscheidung in Europa, barrierefreie Fernbuslinien sowie Entwicklung der Behindertenpolitik auf Basis der EU-Richtlinie. Moderator Karl Finke, Mitglied des BSK-Bundesvorstands und Landesbehindertenbeauftragter in Niedersachsen, stellte seine Forderung nach einer Behinderten-Quote in der Politik auch auf EU-Ebene. „Jeder zehnte Listenplatz sollte mit einem Menschen mit Behinderung besetzt sein“, betonte Finke.

Als Begründung zitierte er die UN-Behindertenrechtskonvention, worin ein Partizipationsgebot klare Vorgaben enthält, in denen Mitentscheidung und Mitbestimmung auch im politischen Raum vorgesehen sind. „Wenn es Quotenbereiche gibt, dann aber bitte für Alle“ forderte Finke und sieht betroffene Menschen nicht als Teilhabende sondern als „Mitentscheider“.

Dem widersprach Dr. Inge Gräßle „das System lebt davon, dass auch andere die Interessen wahrnehmen dürfen und können“, so ihr Veto und fügte hinzu: „erobern sie die Parteien, werden sie politisch in den Kommunen aktiv und lassen sie sich im kommenden Jahr in ihrer Gemeinde bei den Kommunalwahlen aufstellen“. Der Zwischenbemerkung eines Zuhörers, wonach in Krautheim nicht barrierefrei gewählt werden kann, entgegnete der anwesende Bürgermeister Andreas Köhler: „Unser Rathaus ist barrierefrei und steht Wählerinnen und Wähler mit Behinderung bei den Wahlen zur Verfügung“.

Ausgeschlossen sind allerdings Rollstuhlfahrer bei öffentlichen Gemeindesitzungen im Johannitersaal: „Ein Aufzug ist nicht finanzierbar und der Bau einer Rampe in der Höhe nicht möglich“, betonte Köhler. Dr. Inge Gräßle blickte auch auf die Themen der Podiumsdiskussion vor 4 Jahren in Krautheim zurück. „Nach unserem damaligen Gespräch hatte ich mit dem Landrat und dem Buslinienbetreiber über die hier bekannten Probleme gesprochen“.

Gemeint war damit die unbefriedigende Situation für Rollstuhlfahrer im Öffentlichen Personennahverkehr des NVH nach Umsetzung der EU-Richtlinie. „Passiert ist leider gar nichts. Es wurde nur noch schlechter für unsere betroffenen Bewohner“, so das Fazit von Norman Weyrosta, Geschäftsführer im Eduard-Knoll-Wohnzentrum. „Nehmen Sie als Organisation Einfluss auf die Politik hier vor Ort und laden Sie auch den neuen Landrat hierher ein“, so die wiederholte Empfehlung der EU-Politikerin.

Karl Finke ging zum Ende der Diskussionsrunde auf das europäische Wahlrecht ein. Er fordert eine „ersatzlose Abschaffung der diskriminierenden Wahlausschlüsse und ein möglichst rasches gesetzgeberisches Handeln“ und fügte zum Thema Quotenregelung hinzu: „Wer sich für Quote und Quorum entscheidet, muss dies auch für Menschen mit Behinderung gelten lassen“.

Podiumsdiskussion Menschen mit Behinderung in den Medien

Über das Thema „Menschen mit Behinderung in den Medien“ diskutierten Medienexperten und Politiker am Freitag, 1. März 2013, in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin. Den Anstoß zu dieser Podiumsdiskussion gaben Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung.

Sie fühlten sich durch Formulierungen in den Medien auf ihre Behinderung reduziert und nicht als Mensch behandelt. „Die Zeit der Freakshows, in denen Menschen mit Behinderung vorgeführt wurden, ist noch nicht vorbei“, kritisierte Raul Krauthausen, Leidmedien.de-Macher.

Respektlose Gaff-Formate der Sender RTL-2 („Aussergewöhnliche Menschen“) und SAT1 („Die große Welt der kleinen Menschen“) tragen nicht zu einer Bewusstseinsbildung im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention bei. Journalisten mit Formulierungsdefiziten können sich bei Krauthausen und seinem Team informieren. „Die meisten hatten noch keine persönlichen Begegnungen mit Menschen mit Behinderung.

Für sie existieren Klischees. Hier helfen wir weiter.“ Auch Maria Michalk, Behindertenbeauftragte der CDU/CSU-Fraktion, hat als Angehörige einer sorbischen Minderheit Diskriminierungen erlebt. Sie sieht Behindertenpolitik als eine Querschnittaufgabe in der der Abbau von Vorurteilen und Berührungsängsten im Mittelpunkt steht. „Ich spreche mit vielen Arbeitgebern über die Einstellung von Menschen mit Behinderung auf dem 1. Arbeitsmarkt. Viele verkennen die Fähigkeiten und Potentiale dieser Menschen und zahlen lieber eine Ausgleichsabgabe“, betonte sie. Medienexperte und Künstlermanager Jörg Strombach würde es begrüßen, wenn die Inklusion auch in den Medienunternehmen angekommen ist. „Warum sollte ein behinderter Mensch nicht wie selbstverständlich eine Talkshow-Diskussion führen?“, betont er. Für ihn fängt eine Behinderung „grundsätzlich im eigenen Kopf an“ so Strombach.

Als eine Möglichkeit, um die Bewusstseinsbildung bereits bei jungen Menschen zu fördern, rät er zur Einführung eines neuen Unterrichtsfaches an den Schulen. „Wenn wir gut 90 Prozent unseres Informationsbedarfs über die Massenmedien decken, ist diese Überlegung sicher nicht ganz uninteressant, ein Schulfach Medien einzuführen. So könnten vor allem die nachwachsenden Generationen sich im kaum noch zu durchschauenden Mediendschungel besser zurecht finden und letztlich für einen ´normaleren´ Umgang mit den verschiedensten Bevölkerungsgruppen sensibilisiert werden.“

Für Sandy Krohn ist eine Weiterentwicklung bei den Formulierungen in der Presse im Laufe der Jahre spürbar. Die Chefredakteurin der Berliner Behindertenzeitung sagt „auch in unserer Redaktion hat sich der Paradigmenwechsel vollzogen. Der Mensch steht im Vordergrund und nicht seine Behinderung“.

Beim Sender Rundfunk Berlin-Brandenburg, ist man in Sachen Barrierefreiheit und Bewußtseinsbildung auf dem richtigen Weg. „Sowohl von der technischen Ausstattung mit Untertitelung oder Audiodeskription als auch bei der inhaltlichen Darstellung achten wir die Wünsche und Ansprüche von Menschen mit Behinderung“, betont Nawid Goudarzi, Produktions- und Betriebsdirektor beim rbb. „In regelmäßigen Gesprächen mit Behindertenverbänden informieren wir uns über die aktuelle Situation von Menschen mit Behinderung“, betonte Goudarzi.

Fernbusse ab 2019 barrierefrei

Die Nachricht kam direkt vom Deutschen Bundestag: Ab 2019 wird der Fernbusverkehr in Deutschland barrierefrei sein. Sören Bartol MdB und Stephan Kühn, MdB, überraschten die Gäste des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK), zum Auftakt der Podiumsdiskussion „BSK im Dialog“ am 14. September 2012 mit dieser Botschaft. Bartol und Kühn saßen bereits kurz nach Bekanntwerden der Richtlinie im Podium der BSK-Veranstaltung im Berliner Scandic-Hotel. Ab kommendem Jahr gibt es eine verbindliche Richtlinie für den Busfernverkehr. Barrierefrei wird er ab 2019 sein.

Die schwarz-gelbe Koalition und die Opposition einigten sich nach monatelangen Verhandlungen in Berlin auf die Einführung eines umfassenden Fernbus-Systems. Die neue Richtlinie ist Teil der Neufassung des Personenbeförderungsgesetzes. „Als überraschenden Erfolg“ bezeichnete BSK-Vorsitzender Gerwin Matysiak die neue Richtlinie am Freitag auf der Podiumsdiskussion des BSK im Scandic Hotel „damit haben wir unser Ziel erreicht“, so Matysiak weiter.

„Es ist noch nicht optimal aber ein großer Schritt in die richtige Richtung“, sagte Sören Bartol (SPD) In seinem einführenden Beitrag erläuterte er die wichtigsten Eckpunkte: Der Buslinienfernverkehr wird freigegeben. Zukünftig sind überall in Deutschland Fernbuslinien möglich, die untereinander und auch mit dem Eisenbahnfernverkehr konkurrieren dürfen.

Die Vereinbarung gilt nur für Fahrtstrecken ab 50 Kilometer oder einer Stunde Reisezeit. Ausnahmen sind nur auf Strecken erlaubt, auf denen es kein ausreichendes Nahverkehrsangebot gibt, so Bartol. Barrierefreiheit gelte nun auch für Bahnhöfe des Nahverkehrs, sofern sie möglich sei. „Ein Bahnhof aus dem 19. Jahrhundert kann möglicherweise nicht mehr neu gestaltet werden, erläuterte der SPD-Politiker. Stephan Kühn (Bündnis 90/ Die Grünen) ergänzte vor allem mit Blick auf die schwierige Finanzlage der Städte und Kommunen, dass aber noch weitere wichtige Themen verblieben, die dringend bearbeitet werden müssten. Barrierefreiheit dürfe sich aber nicht auf den Fernverkehr allein beziehen, so der Bundesvorsitzende, unterstrich auch Gerwin Matysiak. Gerade in den Kommunen und den ländlichen Gemeinden sei noch viel zu tun.

Oft genug orientierten sich die Fahrpläne an den Schulzeiten, es fehle ein übergreifendes Verkehrskonzept, das Bus und Bahn gut miteinander koordiniere, sagte Gerwin Matysiak. Besonders in ländlichen Regionen sei Barrierefreiheit erst ein Fernziel. Auch die erschienen Gäste, unter ihnen viele Verbandsvertreter/innen, nannten weitere Ziele. So müssten Bahnhöfe, auch die für Tram, U- und S-Bahnen barrierefrei gestaltet werden.

Dasselbe gelte für Spalten zwischen Zügen und Bahnsteigen oder den neuen Tramsystemen. Kritik erntete auch der Abschnitt, dass Städte und Gemeinden begründen müssten, weshalb Barrierefreiheit auf Bahnhöfen nicht hergestellt werde könne. „In Berlin seien auch denkmalgeschützte Bahnhöfe längst entsprechend gestaltet worden“, so der Berliner Behindertenbeauftragte, Dr. Jürgen Schneider.

Die Einwände der Gäste bezeichnete der SPD-Abgeordnete Sören Bartol als wichtig und berechtigt. Dennoch sei der Verhandlungsdurchbruch „ein großer Erfolg der Interessenvertretung des BSK“. Im Februar hatte der BSK staunenden Bundestagsabgeordneten einen barrierefreien Reisebus vorgeführt. Grüne, SPD und Linkspartei hatten in den Verhandlungen auf der Barrierefreiheit bestanden. Eine Einigung in Bundestag und Bundesrat gilt als sicher.

Abschließend überreichte der BSK-Bundesvorsitzende Gerwin Matysiak 2.900 Unterschriften der BSK-openpetition „Mobilität ist Menschenrecht“ an die beiden Bundestagsabgeordneten. „Selten ist eine Petition so schnell erfolgreich gewesen“, so Matysiak (Foto unten)

Arnulf von Eyb zu Besuch beim BSK e.V.

Am Donnerstag, 23. August 2012 war Arnulf von Eyb, Landtagsabgeordneter von Baden-Württemberg, zu Besuch im Eduard-Knoll-Wohnzentrum und in der BSK-Geschäftsstelle in Krautheim.

Im EKWZ bekamen von Eyb und seine Wahlkreismitarbeiterin, Sarah Hübner, eine Führung durch das Wohnzentrum. Sie besuchten die Tagesstrukturierung, besichtigten den Neubau „betreutes Wohnen“ und wurde von den Mitarbeitern von radioEdi, dem hauseigenen Radiosender des EKWZ, interviewt.

Birgitt Gotthardt und Anita Schäfer vom radioEdi-Team hatten sich gut auf das Interview vorbereitet. Zum einen machten sie zum Thema, wieso er das Haus besuchte und was für Eindrücke er mitnehme, aber auch sozialpolitische Fragen, wie das schlechte Ansehen des Pflegeberufes, wurden angesprochen. „Ich bin restlos begeistert von der Mühe die sich Birgitt und Anita vom radioEdi-Team gemacht haben,“ betonte von Eyb nach dem Interview und bedankte sich beim ganzen Team.

Nach seinem Aufenthalt im EKWZ besuchten von Eyb und Sarah Hübner ebenfalls die Geschäftsstelle des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. und informierten sich im intensiven Gespräch mit Ulf-D. Schwarz, Geschäftsstellenleiter des BSK, und Michael Pinter, Abteilungsleiter für Soziales, über den Verband. Dabei waren die Ziele des Bundesverbandes, unter anderem das Durchsetzen von barrierefreien Fernbuslinien, ein wichtiges Thema.

Vor wenigen Tagen war der Landtagsabgeordnete von Baden-Württemberg bereits in den Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfB) um diese zu besichtigen und hatte somit eine Einsicht in alle Einrichtungen des BSK in Krautheim. „Die Arbeit die hier geleistet wird und die Freude die die Menschen haben, beeindruckt mich“, so das Fazit von Arnulf von Eyb.

„Jeder soll die Wohnform wählen können, die er möchte“

Alois Gerig, Mitglied des Bundestags (MdB/CDU) besuchte am 29. August 2012 die Einrichtungen des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK) in Krautheim und informierte sich besonders über das Eduard-Knoll-Wohnzentrum (EKWZ), in dem 80 schwerbehinderte Menschen leben.

In Diskussionen mit BSK-Vertretern kamen aktuelle sozialpolitische Themen zur Sprache. Zu Beginn informierte Norman Weyrosta, Geschäftsführer des EKWZ, den Besucher über die Geschichte der Einrichtung. Er zeigte bei einem Rundgang durchs Haus beispielhaft ein Zimmer, dessen technische Ausstattung dem schwerbehinderten Bewohner Jürgen Heckmann ein hohes Maß an Selbstständigkeit erlaubt.

So lässt sich etwa per Sprachsteuerung das Fenster öffnen und schließen, sowie der Rollladen auf- und ab bewegen. Behinderte Bewohner benachteiligt An den nachfolgenden Gesprächen nahmen neben Norman Weyrosta auch Ulf-D. Schwarz, BSK-Geschäftsstellenleiter in Krautheim und Jürgen Milewski, Bewohnervertreter im EKWZ teil. Bei Jürgen Milewski erkundigte sich Alois Gerig nach den Lebensumständen im EKWZ. Er erfuhr, wie hoch der Pflegeaufwand sein kann und welche Möglichkeiten das EKWZ seinen behinderten Bewohnern bietet. Sie reichen von der umfassenden Pflege bis hin zur vielfältigen Freizeitgestaltung. Andererseits wies Norman Weyrosta darauf hin, dass gerade Bewohner von Behinderteneinrichtungen finanziell benachteiligt seien, da deren Pflegebeitrag gesetzlich gedeckelt sei.

Sie „erhalten den Beitrag von 256 Euro unabhängig von der Pflegestufe, während die Bewohner anderer Einrichtungen in der Pflegestufe 3 bis zu 1.500 Euro vom Leistungsträger erhalten. Alois Gerig: „Dieses Thema sollte aufgriffen werden.“ Betreutes Wohnen Norman Weyrosta wies auch auf die zunehmende Bedeutung des Betreuten Wohnens hin. Deshalb errichtet der BSK zusammen mit der Tochtergesellschaft EKWZ auch einen Neubau, in dem diese Lebensform angeboten werde.

Dabei bestimmen die Bewohner selbstständig über ihren Bedarf und kaufen sich entsprechende Leistungen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln ein. Diese Wohnform komme aber nicht für alle infrage. In der Diskussion äußerten Weyrosta und Gerig die Meinung, dass jeder behinderte Mensch „die Wohnform wählen können soll, die er möchte“. Diese Auffassung vertrage sich aber nicht mit der Ansicht von Anhängern des Mottos „Daheim statt Heim“, die alle Heime abschaffen möchten. Norman Weyrosta hält ihnen entgegen: „Besser im Heim, als allein daheim.“

Probleme im ÖPNV

Beim Thema Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV) wies Jürgen Milewski darauf hin, dass es „im Busverkehr immer wieder zu Problemen kommt“, etwa wenn die Verkehrsbetriebe Hochflurbusse einsetzten, in die Rollstuhlfahrer nicht hineinkämen. „Es fehlt eine gesetzliche Regelung“, erklärte Norman Weyrosta. „Hier müsste eigentlich der Landkreis motiviert sein, entsprechende Regelungen zu treffen“, erwiderte Alois Gerig. Handlungsbedarf besteht nach Ansicht des BSK auch beim Thema Fernbusrichtlinien. So können aktuell Rollstuhlfahrer praktisch keine regulären Fernbusse nutzen, da sie gar nicht in den Innenraum gelangen können und dort keine Plätze für sie vorgesehen sind. Es fehle eine gesetzliche Regelung, erklärte Ulf-D. Schwarz und fügte hinzu. „Hier sehen wir die Bundesregierung in der Pflicht und hoffen, dass dieses Problem aufgegriffen wird“. Alois Gering versprach, das Problem im Bundesverkehrsministerium sowie im Verkehrsausschuss anzusprechen.

Problem Arbeitsmarkt

Zur Sprache kam auch das Thema Arbeit, genauer der Heimkostenbeitrag, den Beschäftigte in den Werkstätten für behinderte Menschen für ihre Heimunterbringung aufbringen müssen. Nach Ansicht des BSK wird hier trotz eines Vollzeitjobs nicht einmal Hartz IV-Niveau erreicht, was wiederum die Motivation mindere. „Wünschenswert wären ein erhöhter Beitrag und dass die behinderten Arbeitnehmer auf dem ersten Arbeitsmarkt untergebracht werden“, sagte Norman Weyrosta. Dabei könnten Integrationsunternehmen als eine Art Brücke dienen. Diesen Weg will auch der BSK gehen und wartet im Moment auf die Förderzusage für ein solches Unternehmen, in dem bis zu 5 behinderte Menschen einen Arbeitsplatz auf dem 1. Arbeitsmarkt erhalten sollen. Denn: „Wir fordern nicht nur, wir tun auch etwas“, wie Ulf-D. Schwarz hinzufügte.

Alois Gerig verwies in diesem Zusammenhang auf die gesetzliche Regelung der Ausgleichsabgabe. Doch deren Wirkung verpufft laut Norman Weyrosta: „Viele Betriebe kaufen sich frei!" Andererseits lassen viele Firmen in den WfB`s produzieren, um Geld zu sparen. Hinzu kommen laut Ulf-D. Schwarz „bürokratische Hürden, die Firmen davon abhalten, behinderte Menschen einzustellen.“ Auch seine Erfahrungen hätten gezeigt, „dass wir die Inklusion vorantreiben müssen“, sagte Alois Gerig. Dies habe er z. B. in Schulklassen erfahren, die er besucht habe. Fehlende Beauftragte und Bewerber für den Bundesfreiwilligendienst Gerig zeigte sich auch erstaunt, dass nach dem Wegfall des Zivildienstes sich zu wenige junge Menschen für den Bundesfreiwilligendienst (BFD) bewerben, werde doch da momentan in der Medienberichtserstattung ein anderes Bild gezeigt.

Hier sieht er Handlungsbedarf, da auch Norman Weyrosta deutlich machte, dass die zusätzlichen Leistungen für Bewohner sonst nicht mehr aufrecht erhalten werden könnten. Ulf-D. Schwarz sprach ein weiteres Problem an: In vielen Landkreisen fehlten Behindertenbeauftragte und es sei „unklar, wo welche im Amt sind und wo nicht“. Dass es auch anders gehe, zeige sich z. B. im Landkreis Tübingen, dem Wirkungsbereich des BSK-Landesvorsitzenden Willi Rudolf. Alois Gerig versprach, dieses Problem umgehend mit dem Landrat seines Wahlkreises Neckar-Odenwald zu erörtern. Alois Gerig sagte, er werde die Themen gerne aufnehmen und versuchen, „sie in Berlin einzuspeisen“. Beide Seiten vereinbarten, im Gespräch zu bleiben.

BSK im Dialog mit Gabriele Molitor

Die Umsetzung der Fernbusrichtlinie, aktuelle Gesundheitspolitik und die Entwicklung der Pflegeversicherung waren die Kernthemen der Podiumsdiskussion „BSK im Dialog“ am 2. März 2012 in der Hessischen Landesvertretung in Berlin.

Gabriele Molitor, Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion für Menschen mit Behinderung folgte der Einladung des BSK und stellte sich den Fragen des Moderators Karl Finke, BSK-Vorstandsmitglied und Landesbehindertenbeauftragter in Niedersachsen, sowie den rund 50 geladenen Gästen. Heiß diskutiert wurde die aktuelle Entwicklung zum Einsatz barrierefreier Fernbusse.

Gabriele Molitor stellte die Verfügbarkeit solcher Fernbusse in Frage und erntete damit Proteste im Plenum. „Solche Busse gibt es bereits seit Jahren. Wir fordern, dass sie auch im öffentlichen Fernreiseverkehr angeschafft werden, damit Rollstuhlbenutzer unabhängiger von beschränkten Angebot der Bahn werden“, betonte eine Zuhörerin.

„Aufgrund der Planungszeit bei Anschaffung neuer Busse durch die Omnibusbetriebe muss Barrierefreiheit gesetzlich jetzt verbindlich werden, um nicht wieder 10 Jahre bis zur Neuanschaffung von Bussen warten zu müssen“, so die Monika Matschke. Beim Thema Pflegeversicherung versprach Gabriele Molitor weitere Verbesserungen der Leistungen der Pflegeversicherung für Pflegebedürftige und deren Angehörige.

„Künftig sollen auch die Leistungen für demenzerkrankte Menschen verbessert werden“, so Molitor. Für Karl Finke ist klar: „Der BSK spricht sich für ein Pflegereformgesetz aus, in dem der Pflegebegriff neu definiert wird. Ebenso treten wir für die Auflösung der Differenzierung von Leistungen bei ambulanter und stationäre Pflege ein“. Ein zentrales Thema waren auch Einkommens- und Vermögensunabhängige Leistungen für Menschen mit Behinderung. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, dass betroffene Menschen selbst entscheiden sollen, wie und wo sie leben möchten. Jedoch scheitert es oft an der praktischen Umsetzung, da der bürokratische Aufwand bei der Inanspruchnahme des persönlichen Budgets unverhältnismäßig groß ist.

„Ich leiste 100 Prozent Arbeit und erhalte dafür nach weniger als 1 Euro Stundenlohn“, kritisierte Andreas Brandenburger, BSK-Vorstandsmitglied und WfB-Mitarbeiter die Entlohnung für seine Leistung nach Abzug des Heimkostenbeitrages. Karl Finke formulierte daraus die Forderung an die Behindertenpolitische Sprecherin der FDP, sich für einen Mindestlohn im Werkstattbereich stark zu machen, um die Leistung der WfB-Mitarbeiter dadurch angemessen zu honorieren und solche Benachteiligungen zu verhindern.

"Für Betroffene darf sich nichts verschlechtern"

Die Leistungen aus der Sozialen Pflegeversicherung werden je nach Eingruppierung in eine der drei Pflegestufen gewährt. Diese richten sich nach dem Umfang des Hilfsbedarfes, den ein betroffener Mensch im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung hat.

Dieses Beurteilungsschema und eine Erweiterung von 3 auf 5 Stufen soll jetzt komplett neu gestaltet werden. Die Definition des Pflegebedürftigkeitsbegriffes war Thema einer Podiumsdiskussion am Freitag, 2. September 2011 in der Landesvertretung Niedersachsen in Berlin. Der Veranstalter, der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., hatte mit Dr. h.c. Gohde einen kompetenten Gesprächspartner für das Podium gefunden.

Moderator war Karl Finke, Landesbehindertenbeauftragter in Niedersachsen und Vorstandsmitglied im BSK e.V. In seinem Impulsreferat warnte Dr. Gohde vor weiteren Rückschritten im Zuge der Neudefinition des Pflegebegriffes. „Passen Sie auf, dass sich für Menschen mit Körperbehinderung nichts verschlechtert und sorgen Sie dafür, dass auch Demenzkranke dabei berücksichtigt werden“, appellierte er an die Vertreter der Behindertenverbände und forderte deren aktive Zuarbeit.

„Nach 15 Jahren Pflegeversicherung ist die fast völlige Entpflichtung der Kommunen von diesem Bereich ihrer Daseinsvorsorge zu erkennen. Es liegt in der Verantwortung der Behindertenverbände und Interessensvertretungen, die Kommunen für das Thema Pflegebedürftigkeit zu sensibilisieren“. Mit der von der Bundesregierung jetzt vorgeschlagenen neuen Expertenkommission sieht Gohde die Gefahr der Verschleppung. „Unser Pflegebeirat hat bereits in der letzten Wahlperiode ein Modell erarbeitet, das in der Reform umgesetzt werden kann“.

 Für die Zukunft der alternden Gesellschaft erhofft sich Dr. Gohde einen Paradigmenwechsel. Demnach muss die bisherige Politik für Senioren zur Politik für ein Leben in sozialer Teilhabe, geprägt von einer Sozialraumorientierung und einer Vernetzung der Beteiligten führen. Getragen von den Gedanken der UN-Konvention sieht Dr. Gohde die Chance für eine lebenswerte Infrastruktur. Dabei soll Wohnen, Bildung, Gesundheit und Kultur bei ambulanter Unterstützung in der Kommune stattfinden.

Er sprach sich gegen einen weiteren Ausbau stationärer Einrichtungen aus und will sich für die Stärkung von ambulanten Lösungen einsetzen.

OB Pelgrim im EKWZ

Im Vorfeld der Landtagswahl besuchte der Schwäbisch Haller Oberbürgermeister Hermann-Josef Pelgrim, SPD, am Freitag, 13. März 2011 das Eduard-Knoll-Wohnzentrum in Krautheim. Sozialpoltische Themen standen auf der Tagesordnung der Diskussionsrunde mit rund 30 Bewohnerinnen und Bewohnern.

 Schwerpunktthemen waren Barrierefreiheit, Arbeitsplätze und Inklusion. Nach Pelgrims Aussage konnte in seiner Stadt bereits vieles umgesetzt werden: „Schwäbisch Hall ist zu einem Drittel bereits komplett barrierefrei“. Desweiteren wurde in Schwäbisch Hall eine Wohnanlage für Menschen mit und ohne Handicap in zentraler Lage gebaut. Die Stadt ist darüber hinaus sehr bestrebt, Menschen mit Handicap einzustellen, anstelle einer Ausgleichsabgabe zu zahlen. Für Birgit Gotthardt, Mitarbeiterin der Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung und Bewohnervertreterin im EKWZ, ist die Lohnsituation unbefriedigend.

„Ich wünsche mir, das meine Leistung anerkannt wird, vor allem wenn man nach unseren Möglichkeiten 100 Prozent Leistung erbring“. Pelgrim zeige ich erstaunt über die Lohnsituation in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung und fordert: „Es muss eine praktikable Lösung her“. Mit Sorge blickte er auf den Fachkräftemangel in der Pflege, und sprach sich für eine höhere Wertschätzung der Pflegeberufe aus. „ Wir haben eine große Herausforderung an dieser Stelle und werden ohne qualifizierte Zuwanderung nicht auskommen“.

Inklusion im Bildungsbereich sieht er als eine der wichtigsten Aufgaben bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Kinder mit und ohne Behinderung müssen gemeinsam von der Grundschule an mit- und voneinander lernen. „Es ist mir ein großes Anliegen, das Menschen mit und ohne Behinderung in der Gesellschaft sichtbar werden“ betonte Pelgrim zum Ende der Veranstaltung.

Podiumsdiskussion mit Dr. Irene Vorholz in Berlin

Das Persönliche Budget, die Eingliederungshilfe und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention waren Schwerpunktthemen der BSK-Podiumsdiskussion mit Dr. Irene Vorholz, Beigeordnete des Landkreistages, am 11. März 2011 in der Hessischen Landesvertretung in Berlin.

Der Einladung des BSK-Bundesvorstandes in die Hessische Landesvertretung folgten am 11. März über 60 Gäste. Moderator war Karl Finke, BSK-Vorstandsmitglied und Landesbehindertenbeauftragter in Niedersachsen. Das Persönliche Budget wird auch nach 3 Jahren seit der Einführung von betroffenen Menschen nicht in dem erhofften Umfang in Anspruch genommen. „Das Streben nach Unabhängigkeit von Dritten ist das eigentliche Ziel des Persönlichen Budgets. Allerdings ist es in seiner Auslegung eher ein Flickenteppich mit sehr unterschiedlichen Anwendungsmöglichkeiten“, kritisierte Karl Finke.

„Die mangelnde Inanspruchnahme ist nicht auf Ablehnungen der Anträge durch die Leistungsträger zurückzuführen“ so Dr. Vorholz. Nach ihrer Einschätzung werden trotz vieler Werbung nach wie vor zu wenige Anträge bei den Leistungsträgern eingereicht“. Für Dr. Ilja Seifert, MdB, war die Einführung des Persönlichen Budgets ein Geburtsfehler.

„Wer in einer WfB arbeitet, hat keine Chance das Budget in Anspruch zu nehmen und wer auf dem freien Arbeitsmarkt beschäftigt ist, verdient zu viel für“, betonte Dr. Seifert. Welche Aufgaben auf die Landkreise bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zukommen erläuterte Dr. Vorholz. „Die Landkreise werden sich aktiv an der Umsetzung eines inklusiven sozialen Raumes für alle beteiligen. Er soll nutzbar für alle sein“, sagte Dr. Vorholz.

Der Fokus liegt für sie in der Steuerung des Prozesses bei der Umsetzung: „Wie ist die derzeitige Situation, wie sollen sich die Kommunen weiterentwickeln und wie können die vorhandenen finanziellen Mittel besser genutzt und zielorientiert eingesetzt werden“. Im Bereich inklusive Bildung an Schulen geht Dr. Vorholz noch einen Schritt weiter: „Es geht uns mehr als nur um die reine Wissensvermittlung. Inklusion bedeutet für uns auch, die nichtbehinderten Kinder in diesem Prozess mitzunehmen“.

Dreh- und Angelpunkt bei der Diskussion einer Einkommens- und Vermögensunabhängigen Eingliederungshilfe ist die Finanzierbarkeit. „Dies ist eine der elementaren Forderungen, behinderter Menschen seit Jahren: 900 Millionen Euro werden für Hoteliers ausgegeben; für die Hälfte davon könnte wir alle behinderten Menschen von der sozialhilfeabhängigen Eingliederungshilfe befreien“, stellte Karl Finke fest. Er fordert ein „Eigenständiges Vermögens-und Einkommensunabhängiges Leistungsgesetz. „Wir wollen unser Leben selbst planen“, so Finke.

Diese Forderung wird von Dr. Irene Vorholz untermauert: „Unsere Forderung ist ein Bundesteilhabegesetz als eine der Eingliederungshilfe vorgelagerte Leistung. Eine Art Nachteilsausgleich in der Größenordnung von 500 bis 600 Euro“. Für ein eigenes Leistungsgesetz fehlen den Kommunen jedoch das Geld. „Unser Haushalt gibt das nicht her“, so Dr. Vorholz.

Kamingespräch mit Dr. Inge Gräßle, MdEP

Rund 10 % der Bevölkerung in Europa ist behindert und zählt damit zu den potentiellen Kunden des barrierefreien Tourismus. „Wie bereitet sich Europa auf diese Zielgruppe vor?“ lautete die Kernfrage der Podiumsdiskussion des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. am Freitag, 12. November 2010, in Krautheim.

Gäste waren neben Dr. Inge Gräßle, Europaabgeordnete, Bernhard Endres, BSK-Vorstandsmitglied und Reiseexperte, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des BSK-Workshops „Europas Bürger/innen als Reiseassistenz für Bürger/innen mit Behinderung“ und die Bewohnervertreterinnen des Eduard-Knoll-Wohnzentrums. Moderiert wurde die Diskussion von BSK-Pressesprecher Peter Reichert.

Zwar steigt die Zahl der barrierefreien Angebote in Europa langsam, jedoch ist die Definition des Begriffes Barrierefrei von Nord nach Süd und Ost nach West sehr unterschiedlich. „Es gibt ausreichend gesetzliche Verordnungen und Richtlinien. Die alleine reichen jedoch nicht aus, Barrieren zu beseitigen“ bemerkte Dr. Inge Gräßle. Nach ihrer Ansicht sollten die Verbände und Interessenvertreter im Dialog mit der Tourismusbranche Hilfestellung bei der praktischen Umsetzung von barrierefreien Angeboten geben. Am Beispiel der EU-Verordnung „Rechte von Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität“ erläuterte Bernhard Endres, „dass es Luftfahrtunternehmen seit 2006 untersagt ist, die Beförderung von Personen wegen einer Behinderung abzulehnen“.

„Nach meiner Information liegen der Beschwerdestelle in Brüssel bis heute keine Hinweise auf Verstöße vor“ ergänzte Dr. Gräßle. Beim Thema Ehrenamtliches Engagement stand die Situation der Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeeinrichtungen im Mittelpunkt. „Mit der Kürzung des Zivildienstes auf 6 Monate steigt die Anforderungen an die Arbeitsleistung für das Pflegepersonal enorm“, stellt Anita Schäfer, Bewohnervertreterin, fest. „Mit dem freiwilligen sozialen Jahr könnten diese Versorgungslücken geschlossen werden“, sagte Dr. Inge Gräßle und ergänzte:

„Das Jahr 2011 wurde von der EU zum Jahr der Freiwilligentätigkeit ausgerufen. Dabei soll Freiwilligen und den entsprechenden Organisationen aus ganz Europa die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch untereinander geboten werden“.

„Politische Einflussnahme verstärken“

Auf Initiative von Walter Leyh, Landessprecher von Selbstaktiv Baden-Württemberg, besuchte MdB Martin Gerstner, SPD, am 22. Juni 2010 das Eduard-Knoll-Wohnzentrum in Krautheim.

Die unzumutbaren finanziellen Belastungen von Menschen mit Körperbehinderung durch Zuzahlungen und die von der Bundesregierung geplante Einführung der Kopfpauschale sowie die Situation durch die geplante Verkürzung der Zivildienstzeit standen im Mittelpunkt der Diskussionsrunde mit Bewohnern und Mitarbeitern der Krautheimer Einrichtung.

„Nutzen Sie die Möglichkeiten, über ihre Volksvertreter ihre politische Einflussnahme zu verstärken um auf diese Missstände aufmerksam zu machen“, appellierte Gerstner. Im Rahmen der Veranstaltung überreichte BSK-Geschäftsstellenleiter Ulf-D. Schwarz ein Paket mit Unterschriften.

„Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter hat in ganz Deutschland seine Untergliederungen aufgerufen, Unterschriften gegen die Einführung der Kopfpauschale zu sammeln. Ich übergebe Ihnen hier 2.700 Unterschriften mit der Bitte, diese dem Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler zu überreichen“.

Thomas Strobl in Krautheim

„Es gibt gewaltige Widerstände innerhalb der Bundesregierung gegen die Kopfpauschale. Ich glaube nicht, dass sie kommt“, bemerkte Thomas Strobl, MdB, bei seinem Besuch am Donnerstag, 11. März 2010, im Eduard-Knoll-Wohnzentrum in Krautheim.

Mit Mitarbeitern und Bewohnern der Krautheimer Einrichtungen des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. diskutierte der Heilbronner Bundestagsabgeordneten und Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg über aktuelle sozialpolitische Themen. Eine Kopfpauschale, wie sie derzeit von der schwarz-gelben Koalition geplant ist, belastet chronische Kranke Menschen und Menschen mit Behinderung über das Maß hinaus.

„Monatlich bleiben uns 94 Euro. Wenn wir von der Regierung neben der Medikamenten-Zuzahlung jetzt auch noch mit einer weiteren Zuzahlung von 8 Euro belastet werden, ist das schlicht weg diskriminierend“, stellt Birgit Gotthardt, Vorsitzende der Bewohnervertretung des Eduard-Knoll-Zentrums fest. Sichtlich überrascht zeigte sich Thomas Strobl von diesen Missständen und ergänzte: „Es kann nicht sein, dass ein Krankenkassen-Direktor auf Kosten der Steuer- und Beitragszahler mehr Gehalt im Monat kassiert, als die Bundeskanzlerin und im Gegenzug betroffene Menschen zur Kasse gebeten werden“. Mit Besorgnis äußerte sich Norman Weyrosta, Geschäftsführer des Eduard-Knoll-Wohnzentrums, zur geplanten Verkürzung der Zivildienstzeit.

„Zivildienstleistende tragen einen großen Teil dazu bei, die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung zu verbessern. Eine Verkürzung auf 6 Monate hat drastische Auswirkungen auf die soziale Arbeit“. Dafür hat auch Strobl kein Patentrezept, sieht es aber gleichfalls als sozialstaatliche Aufgabe, mehr Anreize für Freiwilligenarbeit in Deutschland zu schaffen

Hüppe beim BSK

Als „Spiegel aktiver Behindertenpolitik in Deutschland“ wertete Karl Finke, BSK-Vorstandsmitglied und Behindertenbeauftragter in Niedersachsen, gleich zu Beginn seiner Moderation die Krautheimer Gespräche „BSK im Dialog“ am Freitag, 26. Februar 2010, im Eduard-Knoll-Wohnzentrum in Krautheim.

Gäste beim Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. waren Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Christian von Stetten, MdB und Vorstandsmitglied der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie Kommunalpolitiker aller Parteien und Verbandsvertreter aus dem Hohenlohekreis. Arbeits- und Gesundheitspolitik für Menschen mit Behinderung, barrierefreie Standards, die Umsetzung der UN-Konvention sowie die Situation der Heil- und Hilfsmittelversorgung waren die zentralen Themen der Veranstaltung.

Hüppes vorrangiges Ziel in seiner neuen Funktion ist die Erstellung eines Aktionsplanes, der die Teilhabe behinderter Menschen in allen Lebensphasen sicherstellt. „Inklusion bedeutet, alle Menschen von vorne herein mit einzubeziehen“, so Hüppe. Er will sich dafür einsetzen, dass auf Bundesebene ein Beirat gegründet wird, in dem mehrheitlich betroffene Menschen sitzen. „Wir leisten 100 Prozent und erhalten dafür weniger als 1 Euro Stundenlohn“, kritisierte Birgit Gotthardt, Bewohnervertreterin im EKWZ die finanzielle Situation der WfB-Mitarbeiter durch die Abführung des Heimkostenbeitrags. Keine Alternative sieht Hüppe durch die Inanspruchnahme des persönlichen Budgets und die Informationspolitik über Integrationsprogramme in Deutschland: „Das ist viel zu kompliziert und unübersichtlich. Für WfB-Mitarbeiter muss es einfache Alternativen geben, die einen Wechsel auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen“. Nach Ansicht von Christian von Stetten sollen sich die Verbände als Interessenvertreter der betroffenen Menschen künftig auch stärker in die Diskussion über eine Reform des Hartz IV einbringen.

„Es ist nicht das Ziel die Hartz IV-Sätze zu senken, sondern zu prüfen, wer überhaupt noch Leistungen aus Hartz IV bekommen soll“, betonte er. Auftakt der 5.Mai Aktion in krautheim Als Auftakt der diesjährigen 5.Mai-Aktionen im Rahmen des Europäischen Protesttages zur Gleichstellung behinderter Menschen forderte Karl Finke die Podiumsteilnehmer abschließend auf, ihre Vorstellungen zum Thema Inklusion auf dem Kampagneplakat der Aktion Mensch bildlich festzuhalten.

Kamingespräch mit Evelyne Gebhardt

Urlaub machen im Rollstuhl. Strände, Hotels und Aktivitäten vor Ort ohne Barrieren. Das sollte heutzutage eigentlich kein Problem sein. Denkt man. Doch die Realität sieht in Europa anders aus. Auf Einladung des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. diskutierten am 20. November 2009 in Krautheim Teilnehmer des Reiseassistenten-Workshops aus 6 Nationen mit Evelyne Gebhardt, Mitglied des Europäischen Parlaments, über Barrieren beim Reisen.

Der Workshop wurde mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert. Im Vordergrund des Gesprächs, das von BSK-Pressesprecher Peter Reichert moderiert wurde, stand die vor zwei Jahren in kraft getretene Verordnung der Europäischen Union zum barrierefreien Reisen.

„Menschen mit eingeschränkter Mobilität wird darin unter anderem eine durchgehende Betreuung von der Ankunft am Flughafen bis zum Abflug zugesichert“, informierte Evelyne Gebhardt. Dass es dennoch zu Problemen bei Flugreisen kommen kann, unterstrich Hanna Ursin vom BSK-Reiseservice: „Wenn die Fluggesellschaft kurzfristig eine andere Maschine einsetzt, kann das für einen Fluggast mit Rollstuhl bereits vor Reisebeginn Endstation bedeuten“.

Dabei ist die Anreise das erste Glied der Touristischen Servicekette. „Von der Anreise über Unterkunft, Freizeit- und Einkaufsmöglichkeiten sind alle Stationen verbindlich barrierefrei zu gestalten“, betonte Hanna Ursin. Evelyne Gebhardt Auf die Frage eines Workshop-Teilnehmers, wer in der EU die Einhaltung dieser Vorgaben kontrolliert, antwortete Evelyne Gebhard: „Die Kontrolle über die Durchführung dieser Verordnung obliegt den Regierungen in den jeweiligen Mitgliedstaaten.

Wenn es zu Vorfällen kommt, bei den Menschen mit Behinderung benachteiligt werden, dann ist die EU-Kommission umgehend zu informieren“. Zahlreiche Projekte laufen derzeit auf EU-Ebene, die den barrierefreien Tourismus weiterentwickeln sollen. Diskutiert wurde das Projekt CALYPSO, bei dem Gesellschaftsgruppen, die es sich nicht leisten können Urlaub zu machen, berücksichtigt werden sollen.

Gebhardt appellierte an die Behindertenverbände in Deutschland, ihre Erfahrungen in diese Projekte mit einzubringen. „Nur so können die Interessen und Ansprüche der Behindertenverbände langfristig berücksichtigt werden“. Noch immer unklar ist, wann der Europäische Behindertenausweis kommt. Auch Evelyne Gebhardt konnte diese Frage des Gremiums nicht beantworten. Sie will sich aber im Parlament dafür einsetzen, dass dieses für alle Betroffenen wichtige Dokument baldmöglichst verfügbar ist.

Marion Caspers-Merk im Eduard-Knoll-Wohnzentrum

Hohen Besuch empfingen Heimbeirat und Heimleitung des Eduard-Knoll-Wohnzentrums am Donnerstag, 27. August 2009. Marion Caspers-Merk, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Sawade, SPD-Kandidatin für den Wahlkreis Schwäbisch Hall/Hohenlohe sowie Werner Müller, SPD-Kreisvorsitzender, stellten sich den Fragen der Bewohner.

Die unbefriedigende Versorgung mit Inkontinenzmitteln für behinderte Menschen und Probleme bei der Umsetzung der Verhinderungspflege waren die Hauptthemen der Diskussionsrunde. Rund 50 Bewohnerinnen und Bewohner des Eduard-Knoll-Wohnzentrums, Mitarbeiter der Krautheimer Werkstätten für Behinderte, BSK-Mitarbeiter und Vertreter von Krankenkassen und Einrichtungen der Behindertenarbeit im Hohenlohekreis nahmen an der Veranstaltung teil

UN-Konvention: „Begriff Behinderung vom Kopf auf die Füße gestellt“

Zum Abschluss der politischen Diskussion mit dem BSK-Vorstand war am Freitag, 6. Juni 2009 Markus Kurth, Sprecher für Sozial- und Behindertenpolitik von Bündnis 90/Die Grünen, zu Gast bei den Krautheimer Gesprächen.

 Gesprächsthemen im voll besetzten Saal des Eduard-Knoll-Wohnzentrums waren die Umsetzung der UN-Konvention, die Situation bei der Hilfsmittelversorgung und die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe zu einem einkommensunabhängigen Leistungsgesetz. Die Gesprächsleitung hatte BSK-Vorstandsmitglied Karl Finke. Gleich zu Beginn der Veranstaltung erläuterte Kurth die Hintergründe und der UN-Konvention und ihre Bedeutung für Menschen mit Behinderung.

„Mit dieser Übereinkunft wird der Begriff Behinderung neu definiert und vom Kopf auf die Füße gestellt. Behinderung wird fortan nicht mehr als medizinisches Modell sondern als Sozialmodell definiert“, erläuterte Kurth. „Es gibt noch immer zu viele Benachteiligungen für betroffene Menschen in allen Lebensbereichen von der Schule, über Wohnmöglichkeiten bis zum Recht auf Arbeit und Beschäftigung, die eine Teilhabe auf Augenhöhe verhindern. Wie steht Ihre Partei zu künstlich getrennten Lebenswelten?“ fragte Karl Finke und verwies auf die Wahlprüfsteine des BSK im Wahljahr 2009. Für die Grünen/Bündnis 90 ist es nicht hinnehmbar, dass entgegen dem Artikel 24 der UN-Konvention noch immer zu viele Schüler in Förderschulen untergebracht sind.

 „Hier decken sich die Forderungen in Ihren Wahlprüfsteinen mit unseren Ansprüchen an eine inklusive Bildungspolitik. Die Umsetzung der gemeinsamen Beschulung hat für uns höchste Priorität“, betonte Kurth. Steffen Vetter, Heimbeirat im Eduard-Knoll-Wohnzentrum, schilderte ein Beispiel für Benachteiligungen, die er am eigenen Leib erfahren musste. „Jeder Mensch hat laut UN-Konvention das Recht, sich seinen Wohnort frei zu wählen. Mit wurde jedoch das Probewohnen in meiner Heimatstadt vom Kostenträger abgelehnt“. Für Markus Kurth ist das ein klarer Fall einer Menschenrechtsverletzung.

 „Der BSK fordert eine qualifizierte und gezielte Beschäftigung von Menschen mit Behinderung sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt wie auch in Werkstätten“ stellte Karl Finke fest und hinterfragte die Positionierung von Bündnis 90/Die Grünen. „Wir treten für eine individuelle und dauerhafte Förderung von Menschen ein, sowohl auf dem allgemeinen und dem geschützten Arbeitsmarkt als auch in Integrationsfirmen“ antwortete Kurth.

Übereinstimmend stellten alle Beteiligten fest, dass eine Politik auf Augenhöhe mit behinderten Menschen in den Bereichen gemeinsame Bildung, selbstbestimmte Hilfsmittelversorgung und einem Einkommens- und vermögensunabhängigen Teilhabegeld Kern einer Behindertenpolitik von morgen sein muss.

„Lebens- und Wohnumfeld frei wählen können!"

„Eigenständige Lebens- und Wohnformen behinderter Menschern anhand der bundesweiten Initiative Daheim statt Heim" lautete das Thema der 3. Krautheimer Gespräche am 21. November 2008. Dazu hatte der BSK-Vorstand die Behindertenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Silvia Schmidt eingeladen.

 Die Krautheimer Gespräche werden im vierteljährlichen Turnus im Vorfeld der BSK-Vorstandssitzungen veranstaltet. Die Forderung der gleichnamigen Initiative „Daheim statt Heim" für eine freie Wahl von Lebens- und Wohnumfeld sorgt schon seit längerem für Diskussionen.

Etwa, weil immer wieder Informationen über haarsträubende Zustände in Pflegeheimen an die Öffentlichkeit dringen. Und weil viele Betroffene sich in Heimen entmündigt fühlen und lieber in einer eigene Wohnung leben möchten. Darauf wies auch Silvia Schmidt, die die Initative mitbegründet hat, in ihrem Eingangsreferat hin: „Heime müssen abgebaut werden, weil sie heutzutage nicht menschenwürdig sind".

Deshalb kämpfe die Initative „für die Möglichkeit der Menschen frei zu wählen, wie sie leben möchten". Und weiter: Wählen kann man aber nur, wenn man eine Alternative hat, und die muss in Deutschland erst noch aufgebaut werden. Insgesamt eine Position, die auch der BSK unterstützt, wie Karl Finke anmerkte. Finke, Mitglied im BSK-Bundesvorstand moderierte die Gespräche. Auch Norman Weyrosta, Geschäftsführer des Eduard Knoll Wohnzentrums in Krautheim, machte sich für das Prinzip der Wahlfreiheit stark.

Er unterstütze das Prinzip „ambulant vor stationär", wies aber gleichzeitig darauf hin, dass dies auch für die Leistungsanbieter gelten müsse: „Der Heimbewohner müsse Dienstleistungen wählen und abwählen können". Silvia Schmidt nahm sich auch des Themas Bildung an: Sie sprach sich dafür aus, die Inklusion von behinderten Menschen an Schulen voranzutreiben: „Die Schulen müssen so angepasst werden, dass alle Schüler darin unterrichtet werden können." In Deutschland gebe es zu wenig Kinder in Regelschulen, „und das setzt sich in der Ausbildung fort." Leider fehle es in manchen Bundesländern dabei an der nötigen Einsicht der verantwortlichen Politiker. In diesem Zusammenhang kam auch das Thema Elternassistenz zur Sprache.

Dazu Karl Finke: „In der laufenden Diskussion unterstützt der BSK das konkrete Ziel, Eltern behinderter Kinder aber auch behinderten Eltern selbst, die Assistenz zukommen zu lassen, die sowohl Eltern ein gleichberechtigtes Leben als auch den Kindern eine altersgerechte Entwicklung ermöglicht." Als weiteres zentrales Thema brachte Schmidt die Situation Betroffener auf dem Arbeitsmarkt zur Sprache: „Arbeitsplätze müssen barrierefrei sein!" Und die behinderten Menschen gehörten auf den ersten Arbeitsmarkt. „Das ist in Deutschland aber schwierig, in den USA ist man z.B. viel weiter".

Dass es aber auch hierzulande möglich ist, als behinderter Mensch seinen Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu machen, verdeutlichte Harald Schölch aus dem Auditorium: „Nach neun Jahren Arbeit in den Krautheimer Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfMB) habe ich einen Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft bekommen". „Eigentlich eine Traumkarriere", wie er strahlend anmerkte. Und er sprach den anwesenden WfMB-Mitarbeitern Mut zu: „Wenn Ihr es Euch zutraut: Macht es!"

 

Zur Person Silvia Schmidt, Mitglied des Deutschen Bundstages, geboren am 25. März 1954 in Sachsen-Anhalt, ist Behindertenbeauftragte des SPD-Bundestagsfraktion. Sie sieht es als ihre Aufgabe an, „alle Vorlagen im Deutschen Bundestag, die das Leben von Menschen mit Behinderung betreffen, zu begleiten und mitzugestalten." 2006 gründete sie - zusammen mit Wissenschaftlern, Trägern großer sozialer Einrichtungen, Journalisten, anderen Politikern und Betroffenen - die bundesweite Initiative „Daheim statt Heim" Diese Initiative fordert den Baustopp für neue Heime und den schrittweisen Abbau bestehender Heimplätze.

BSK im Dialog mit Jörg Rohde

In der Gesprächsrunde mit Jörg Rohde, dem behinderten- und sozialhilfepolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion kamen am 13. Juni 2008 zentrale Themen der Behindertenpolitik zur Sprache: Wahlfreiheit bei den Wohn- und Lebensformen, Nachteilsausgleiche für behinderte Menschen im Rahmen eines Bürgergeldes, keine Klagewelle beim Antidiskriminierungsgesetz sowie Barrierefreiheit.

An der Diskussion beteiligten sich - neben den BSK-Vorstandmitgliedern - u.a. auch Bewohner des Eduard-Knoll-Wohnzentrums in Krautheim. Die Krautheimer Gespräche werden im vierteljährlichen Turnus im Vorfeld der BSK-Vorstandssitzungen veranstaltet.

Karl Finke, Mitglied des BSK-Bundesvorstands und Landesbehindertenbeauftragter von Niedersachsen, moderierte die Diskussion. Er wies eingangs darauf hin, dass die Krautheimer Gespräche ein Dialogforum seien, „in dem aktuelle politische Themen gespiegelt werden." In der zum Teil sehr kontrovers geführten Diskussion erläuterte Jörg Rohde etwa seine Vorstellung von Nachteilsausgleichen für behinderte Menschen, „die nicht für sich selbst sorgen können", und zwar zusätzlich zu einem Bürgergeld nach individuellem Bedarf.

Diesen Vorstellungen widersprachen einige Anwesende und plädierten stattdessen für einen einkommensunabhängigen Nachteilsausgleich. Zustimmung erntete Rohde jedoch mit seiner Aussage: „Jeder soll in Deutschland sein Chance bekommen." Angesprochen auf die Befürchtungen der FDP im Zuge des Antidiskriminierungsgesetzes, gestand Rohde ein, dass sich das Angstszenario nicht bewahrheitet habe, so sei etwa „die Klagewelle vor den Gerichten nicht eingetroffen". Zustimmung erntete der FDP-Politiker mit seiner Aussage zum Thema Wahlfreiheit von Wohn- und Lebenformen für behinderte Menschen: „Die Menschen sollen das Leben führen können, das sie wollen, ob im Heim oder zuhause."

Aufgrund steigender Fallzahlen bei den Pflegebedürftigen könne er aber nicht sagen: „Wir bauen keine neuen Heime mehr". BSK-Vorstandsmitglied Bernhard Endres brachte Forderungen zum barrierefreien Tourismus zu Sprache, etwa im Flugverkehr. Jörg Rohde: „Die Anregung nehme ich mit nach Berlin."

Richtig turbulent verlief die Diskussion, als es um die Barrieren im Bahnverkehr ging, hatten doch viele Anwesende einschlägige Erlebnisse hinter sich: So berichtete etwa BSK-Vorstandmitglied Helmut Fleig, wie er mit 9 Rollstuhlfahrern problemlos im Zug reiste, ein unwilliger Bahnbeamter aber aus bürokratischen Gründen die Rückfahrt verweigerte. Abschließend betonten sowohl Irmgard Winkler für den BSK als auch Jörg Rohde ihre Bereitschaft „zum konstruktiven Dialog".

Umsetzung der EU-Richtlinie/ÖPNV

Im Hohenloher ÖPNV-Problem bahnt sich eine Lösung an: „Niederflurbusse, die zu bestimmten Zeiten auf bestimmten Strecken mindestens zwei Rollstuhlfahrer auf gesicherten Stellflächen mitnehmen, wären eine akzeptable Lösung für Menschen mit Behinderung“, so das Fazit von Norman Weyrosta, Geschäftsführer des Eduard-Knoll-Wohnzentrums in Krautheim.

Die Situation im Öffentlichen Personennahverkehr durch die Umsetzung der EU-Richtlinie (2001/85) im Hohenlohekreis war Thema der Podiumsdiskussion am 25. April 2008 in Krautheim, über das EU-Abgeordnete, Kreisräte, ÖPNV- und BSK-Vertreter diskutierten. Die Moderation leitete Jens Nising von SWR.

Jens Nising erläuterte zunächst die Problematik mit der Richtlinie, die ursprünglich Benachteiligung von Menschen mit Behinderung verhindern sollte, durch ihre Umsetzung in deutsches Verkehrsrecht, jedoch zu einer Verschlechterung wurde. „In einigen Ländern der EU hat diese Richtlinie tatsächlich eine hundertprozentige Verbesserung bedeutet, weil dort bislang überhaupt keine Rollstuhlfahrer mitgenommen werden konnten“ ergänzte Evelyne Gebhardt, EU-Abgeordnete. Dr. Inge Gräßle „In Deutschland wurde genau das Gegenteil erreicht, das ist so nicht zulässig“, stellte Dr. Inge Gräßle, EU-Abgeordnete, fest und zieht das Verkehrsministerium in die Verantwortung: „Das muss von Berlin aus korrigiert werden“.

Roland Braun, Werksleiter des Nahverkehr Hohenlohe (NVH), stellte die derzeitige Problematik bei der Anschaffung der Busse dar: „Fahrzeuge, die vor 2005 zugelassen wurden, haben mehr Platz zur Mitnahme von Rollifahrern, neu zugelassene Busse wurden entsprechend der Vorschrift angefertigt und bieten nur noch einem Fahrgast mit Rollstuhl die Möglichkeit der Mitnahme. Eine Nachrüstung der alten Busse ist jedoch aus fahrzeugtechnischen Gründen nicht möglich“. Beispiele für konstruktive Lösungen zeigte Gerwin Matysiak, Mitglied im Geschäftsführenden Vorstand des BSK auf: „Wir haben in Hannover in Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben und den Interessenvertretern behinderter Menschen eine für alle Seiten akzeptable Lösung dieses Problems gefunden. Hier wurden innerhalb von drei Monaten alle Busse für mindestens zwei Rollstuhlfahrer umgerüstet.“

Die Busse in Hannover sind sogenannte „Klasse-1-Busse“, also Stadtbusse für die die EU-Richtlinie gilt. Ausgenommen davon sind die Überlandbusse, so wie sie auch im Hohenlohekreis im Einsatz sind. Roland Braun Für Roland Braun ergibt sich hier auch ein finanzielles Problem: „Überlandbusse erfordern aufgrund der Streckenführung mehr Sitzflächen als Stadtbusse, deshalb ist eine Umrüstung mit weniger Sitzplätzen und mehr Stellfläche eine Kostenfrage“. Norman Weyrosta gab zu bedenken, dass „über Investitionskostenzuschüsse und die Ausgleichsabgabe auch solche Umbaumaßnahmen finanziert werden können“.

Den Ansatz für eine Lösung gab Roland Rüdinger, Busunternehmer und Auftragsnehmer der NHV: „Die Mitfahrt von mehreren Rollstuhlfahrern in Niederflurbussen könnte zunächst zu bestimmten Zeiten und auf bestimmten Strecken ermöglicht werden“.

„Wir wollen nicht zur gleichen Zeit fahren, wenn Schüler befördert werden“, räumte Norman Weyrosta ein. Für Dr. Inge Gräßle steht fest: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass auf nationaler Ebene die erforderlichen Änderungen durchgeführt werden, um solche Fehler künftig auszuschließen“. Sie versicherte, dass „bis nach den Sommerferien hier etwas unternommen wird“.

Patrizia Filz, Kreistagsabgeordnete und Bürgermeisterin von Schöntal, stellte fest, dass „dass das erforderliche Fingerspitzengefühl für den Umgang mit behinderten Menschen vorhanden ist um eine einvernehmliche Lösung beim Hohenloher ÖPNV-Problem zu finden.“ Jens Nising fasst die Ergebnisse zusammen: „Der Dialog geht weiter mit dem Ziel, hier im Hohenlohekreis zwei Rollstuhlfahrern die Mitfahrt in einem Bus zu ermöglichen, langfristig auch mit der erforderlichen Sicherungstechnik“.

Hubert Hüppe beim BSK - Umsetzung der EU-Richtlinie

Anlässlich der Auftaktveranstaltung der „Krautheimer Gespräche“ des Bundesverbands Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK) am 7. März 2008 mit dem Beauftragten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Belange der Menschen mit Behinderungen, Hubert Hüppe MdB, erklärt Hubert Hüppe MdB: Im Gespräch mit dem BSK ist noch einmal deutlich geworden, dass die EG-Richtlinie zur Zulassung von Bussen mit Rollstuhlstellplätzen zurzeit nicht zufriedenstellend umgesetzt ist. Rollstuhlfahrer müssen auch zu mehreren in einem Bus befördert werden dürfen. Dies wird aber von vielen Verkehrsbetrieben aufgrund der geltenden Rechtslage abgelehnt.

Es ist ein gutes Signal an die Betroffenen, dass der Bundesverkehrsminister die Mitfahrt mehrer Rollstuhlfahrer in Bussen ermöglichen will. Diese Meinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion teilten auch die anwesenden Vertreter des BSK beim Gespräch in Krautheim. Es muss jetzt allerdings darauf geachtet werden, wie die Umsetzung konkret erfolgt und ob diese tatsächlich zu Verbesserungen für die Betroffenen führt. Neben der Umsetzung der EG-Richtlinie und anderer behindertenpolitischer Themen, diskutierten die Anwesenden vor allem bioethische Themen.

Die aktuelle Diskussion um die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen stand hier im Vordergrund. Einigkeit bestand bei den Gesprächsteilnehmern darin, dass es eine schrankenlose Forschung nicht geben darf.