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Europäischer Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen

Zukunft barrierefrei gestalten – aber bitte nicht erst übermorgen!

Am 5. Mai ist es (leider) wieder so weit: Der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen ruft zur gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung mit Inklusion und Teilhabe auf. NEUSTART INKLUSION. JETZT!

von Jasmin Paul

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  • Aus dem Verband

Der diesjährige Schwerpunkt des Protesttags lautet „Neustart Inklusion“ – und dieser Appell könnte aktueller nicht sein. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) e.V. stellt klar: Barrierefreiheit ist kein Wohlfühl-Ziel für irgendwann, sondern eine akute Notwendigkeit. Und eine große Chance für die neue Bundesregierung.

„Wer Barrierefreiheit auf später verschiebt, verweigert heute Teilhabe!“, betont BSK-Bundesvorsitzende Verena Gotzes. „Und wer meint, in schwierigen Zeiten sei Inklusion nachrangig, dem fehlt es an sozialer Verantwortung – oder schlicht an Menschlichkeit."

Mehr als nur ein Aktionstag: Ein Realitätscheck

Trotz mehr als 15 Jahren UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist Deutschland weit von echter Teilhabe entfernt. Nur rund 1,5 % aller Wohnungen sind barrierefrei. An vielen Orten endet der barrierefreie Schul- bzw. Arbeitsweg am nicht abgesenkten Bordstein. Der digitale Raum – vermeintlich grenzenlos – ist für viele Menschen mit Behinderung weiter eine Sackgasse: Websites, Behördenportale und Bildungsplattformen sind oft nur schwer oder vollständig unzugänglich.

„Solange öffentliche Gelder in nicht barrierefreie Neubauten oder digitale Infrastruktur fließen und gleichzeitig Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt oder im kulturellen Leben systematisch ausgeschlossen werden, bleiben unsere Rechte auf dem Papier. Das Papier ist geduldig, wir sind es nicht mehr!", kritisiert Gotzes scharf.

Keine Einsparung auf Kosten von Teilhabe!

Immer häufiger hören wir: Es sei gerade kein Geld da. Für Sozialausgaben, für Behindertenbeauftragte, für Umbauten. Doch genau hier setzt der BSK ein deutliches Zeichen:

Inklusion ist kein freiwilliges Extra – sie ist Pflicht! „Wer behauptet, es gebe wichtigere Themen als Teilhabe, hat nicht verstanden, was Demokratie bedeutet“, so Gotzes. „Barrierefreiheit ist kein Gnadenerlass – sie ist ein Menschenrecht. Und Menschenrechte stehen nicht zur Debatte, egal wie eng der Haushalt gestrickt ist!"

Der BSK e.V. fordert daher:

  • Verbindliche gesetzliche Standards für Barrierefreiheit in allen Bereichen des öffentlichen Lebens – auch digital.
  • Grundlegende Investitionen in barrierefreien Wohnraum, nicht nur Lippenbekenntnisse.
  • Inklusive Bildung, flächendeckend und qualitätsgesichert – nicht als Modellprojekt, sondern als Regel.
  • Sanktionen für Arbeitgeber, die ihrer Beschäftigungspflicht gegenüber Menschen mit Behinderung dauerhaft nicht nachkommen.
  • Ein Ende der „Nichtzuständigkeit“ – für Inklusion muss sich jede Behörde, jedes Ministerium, jede Kommune verantwortlich fühlen.

Zukunft barrierefrei gestalten – aber wann?

Die Zukunft beginnt nicht morgen, sondern heute. Und ohne konkrete Maßnahmen bleiben politische Worte nur leere Versprechen. „Wir lassen uns nicht mehr auf später vertrösten. Wer heute keine Barrieren abbaut, baut Zukunft für wenige statt für alle. Das ist nicht unser Gesellschaftsmodell bei BSK – und das darf auch nicht Deutschlands Modell sein."

BSK bleibt aktiv – auf der Straße und im Dialog

Der BSK e.V. steht Politik und Wirtschaft im gesamten Bundesgebiet ausdrücklich als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung, wenn es um konkrete Lösungen und wirksame Fortschritte bei Inklusion und Barrierefreiheit geht. „Wer wirklich etwas bewegen will, findet bei uns fundiertes Fachwissen und die Perspektive der Betroffenen“, betont Verena Gotzes.

Und auch in diesem Jahr beteiligt sich der BSK wieder mit eigenen Protest-Aktionen rund um den 5. Mai, um auf Missstände aufmerksam zu machen. So organisiert der Verband unter anderem eine Unterschriftenaktion am 5. Mai in Berlin für faire Löhne für Assistenzen im Arbeitgeber*innen-Modell – eine zentrale Forderung für ein selbstbestimmtes Leben mit Behinderung. Weitere Aktionen finden u. a. in Bayern, Baden-Württemberg und im Saarland statt.