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So inklusiv sind deutsche Kommunen

BSK fordert verbindliche Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention

Wie inklusiv sind Deutschlands Städte und Gemeinden? Antworten auf diese Frage liefert die Studie „Kommunale Umsetzung der UN-BRK“, ein bundesweites Forschungsprojekt des Deutschen Instituts für Menschenrechte gemeinsam mit dem ZPE der Universität Siegen.

von Jasmin Paul

Geteiltes Bild. Links in blau gehaltene Hochhäuser. Freundliche Stimmung. Zu sehen sind ein Blinder vor einem Leitsystem und einem Sprachausgabekasten sowie eine Gruppe begeisterter Menschen. Rechts eine triste Kulisse. Ein Rathaus ist nur über Treppen zugänglich. Auf dem Boden liegt schwer überwindbares Kopfsteinpflaster. Das Leitsystem ist kaum mehr vorhanden. Ein blinder Mensch zeigt ein ratloses Gesicht. Ein Mann im Rollstuhl steht vor dem zu hohen Bordstein.
Ein Stadtbild in Deutschland mit gemischten, teils widersprüchlichen Szenen nebeneinander: Die linke Bildhälfte zeigt Inklusion, die rechte Bildhälfte die leider oft vorhandene Realität vor Ort.
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Untersucht wurde, wie Kommunen in Deutschland die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) in den Bereichen Wohnen, Bildung, Mobilität und soziale Teilhabe planen und umsetzen – oder eben nicht. Die Studie läuft von 2022 bis 2025; erste zentrale Ergebnisse liegen nun vor.

Die Bilanz: Nur 41 % der Städte mit mehr als 50.000 Einwohner*innen sowie Landkreise haben bislang gezielte Planungen zur Umsetzung der UN-BRK begonnen oder abgeschlossen. Häufig fehlen politische Rückendeckung, finanzielle Mittel und verbindliche Strukturen. Die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen erfolgt oft nur punktuell und nicht auf Augenhöhe.

„Die Studie zeigt eindrücklich, dass es vor allem an verbindlichen Strukturen, personellen und finanziellen Ressourcen sowie an echter Beteiligung mangelt“, betont Verena Gotzes, Bundesvorsitzende des Bundesverbands Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK). „Inklusion darf kein freiwilliges Zusatzprojekt bleiben – sie ist ein Menschenrecht. Und sie beginnt vor Ort, in den Rathäusern und Schulen, beim Wohnungsbau und im Nahverkehr.“

Die Verfasser*innen der Studie heben hervor, dass erfolgreiche Inklusion in Kommunen dort gelingt, wo Aktionspläne systematisch entwickelt und umgesetzt, Menschen mit Behinderungen aktiv eingebunden und verschiedene Fachbereiche – etwa Stadtentwicklung, Verkehr oder Bildung – vernetzt werden. Planung sei kein einmaliger Vorgang, sondern ein dauerhafter Lernprozess. Eine bessere Unterstützung durch die Bundesländer sei daher dringend notwendig.

BSK-Fachteams Bauen und Mobilität und zahlreiche Ehrenamtliche im Einsatz

Unabhängig von der Studie setzt sich auch der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V. (BSK) seit vielen Jahren aktiv für inklusive Strukturen auf kommunaler Ebene ein. Mit seinen beiden Fachteams Barrierefreies Bauen und Mobilität berät der Verband Städte und Gemeinden, Planungsbüros, Verkehrsunternehmen sowie betroffene Personen – immer mit dem Ziel, praxistaugliche, barrierefreie Lösungen vor Ort umzusetzen. Darüber hinaus pflegt der BSK enge Netzwerke mit anderen Selbstvertretungen, Fachverbänden und politischen Entscheidungsträger*innen, um die Umsetzung der UN-BRK im Alltag konkret voranzubringen. „Wenn Barrierefreiheit von Anfang an mitgedacht wird – sei es bei Gebäuden, Straßen oder digitalen Angeboten – spart das nicht nur spätere Kosten, sondern schafft echte Teilhabe für alle Generationen“, so Gotzes weiter. „Inklusion ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für ein solidarisches Gemeinwesen.“

Damit die UN-BRK nicht auf dem Papier stehen bleibt, fordert der BSK: rechtlich verbindliche kommunale Aktionspläne, ausreichend Ressourcen und die aktive Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in alle Planungsprozesse. „Gern stehen wir als Verband von und für Menschen mit Körperbehinderungen Politik und Behörden hierfür als kompetenter Partner zur Verfügung. Denn nur mit vereinten Kräften kann aus Ideen auf dem Papier auch gelebte Realität werden, die alle Menschen vollumfänglich miteinbezieht“, betont die BSK-Bundesvorsitzende zum Abschluss.

Bildmaterial: ChatGPT