Suche schließen


BSK begrüßt Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur Triage

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 16.12.2021 wurde bei den Mitgliedern und dem Vorstand des BSK e.V. mit großer Erleichterung aufgenommen.

von af

Logo des Fachteams Gesundheit
  •  
  • Aus dem Verband

Das Gericht hatte über neun Verfassungsbeschwerden zu entscheiden, die den wirksamen Schutz vor Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen bei der Entscheidung über die Zuteilung intensiv-medizinischer Ressourcen, also der Triage, zum Inhalt hatten. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung intensiv mit dem Diskriminierungsschutz auseinandergesetzt und auch sachverständige Dritte angehört.

In die Entscheidung ist neben dem Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes, auch der Artikel 25 der UN-Behindertenrechtskonvention eingeflossen. Das Gericht führte aus, dass das Diskriminierungsrisiko aus mangelndem Fachwissen sowie einer unzureichenden Sensibilisierung des medizinischen und pflegenden Gesundheitspersonals für behinderungsspezifische Besonderheiten resultiere. Eine unbewusste Stereotypisierung von behinderten Menschen benachteilige diese bei medizinischen Entscheidungen. Die Frage, ob die Erfolgsaussicht der Behandlung oder der Überlebenserfolg das richtige Kriterium ist, ließ das Gericht dahingestellt. Es machte jedoch klar, dass das Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht, also die „Wahrscheinlichkeit, die aktuelle Erkrankung durch Therapie zu überleben“, der Leitlinie der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin e.V. (DIVI) ein „zulässiges Auswahlkriterium für die Verteilung knapper Behandlungsressourcen ist.“

Das Gericht gab weiterhin in seiner Begründung zu bedenken, dass es nicht ausgeschlossen ist, eine Behinderung pauschal als Komorbidität zu deuten und die Überlebenswahrscheinlichkeit nicht nur auf die aktuelle Erkrankung zu beziehen. Selbst DIVI und Bundesärztekammer weisen in Ihren Stellungnahmen laut Gericht daraufhin, dass die „Rechtsunsicherheit, welche Kriterien im Fall einer Pandemie bei der Verteilung knapper medizinischer Ressourcen maßgeblich sein sollen“, für die Ärzte „unerträglich“ ist. Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Beschwerdeführenden in solchen Situationen nicht wirksam vor einer Benachteiligung wegen ihrer Behinderung geschützt sind.

Das Gericht fordert den Gesetzgeber auf, Sorge zu tragen, dass „jede Benachteiligung wegen einer Behinderung bei der Verteilung pandemiebedingt knapper intensivmedizinischer Behandlungsressourcen hinreichend wirksam verhindert wird.“ Weiterhin sei der Gesetzgeber angehalten, seiner Handlungspflicht unverzüglich durch geeignete Vorkehrungen nachzukommen.„Mit der Aufforderung des Gerichtes an den Gesetzgeber, unverzüglich seiner Handlungspflicht durch geeignete Maßnahmen nachzukommen, muss dieser jetzt schnellstmöglich den Gesetzgebungsprozess in Gang bringen“, so Verena Gotzes, vom Vorstand des BSK e.V. „Wir fordern den Gesetzgeber auf, hier schon im Vorfeld eine breite Diskussion in der Gesellschaft zu führen und die Verbände schon im Rahmen der Erstellung des Gesetzentwurfes mit einzubinden“, so Gotzes weiter.

Zum Beschluss des Ersten Senats vom 16. Dezember 2021