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Ein Leben zwischen Musik und Einsatz für Inklusion

Seine 80 Jahre sieht man ihm nicht an. Wer Robby Beer kennt, weiß: Er ist immer noch mittendrin im Leben. Mit geübter Hand steuert er seinen E-Rollstuhl durch Krautheims Straßen. „So schnell wie früher geht es zwar nicht mehr, aber ich bin noch überall dabei, wo was los ist“, sagt er mit einem Lächeln. Stillstehen? Nichts für ihn.

Mit 23 kam Robby nach Krautheim – damals zog er in eine Wohnung in der Altkrautheimer Straße. Das heutige Eduard-Knoll-Wohnzentrum (EKWZ) gab es noch nicht. „Für die 60er-Jahre war barrierefreies Wohnen eine Sensation. Eduard Knoll hat Großes geschaffen – einen Ort von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung. Und jede Menge inklusive Arbeitsplätze dazu.“ Der Grund, warum Robby überhaupt nach Krautheim kam, trägt also einen Namen: Eduard Knoll.

Knoll sei ein Mensch gewesen, den man nie vergesse – klar und bestimmt, dabei herzlich und respektvoll. „Wir hatten viel Kontakt, vor allem in meiner aktiven Vereins- und Heimbeiratszeit. Wir haben oft diskutiert – hart, aber herzlich – und am Ende immer Ergebnisse gehabt, die mehr Inklusion und Teilhabe nach sich gezogen haben.“

Robby Beer erinnert sich gern an die Aktionen der Pfennighilfe, mit denen der Verein bundesweit Spenden und Aufmerksamkeit gewann. Auch das BSK-Sportfest war für ihn ein Höhepunkt – ein international besetztes Ereignis, das Krautheim prägte, bis es aus finanziellen und personellen Gründen eingestellt wurde. „Damit ging eine große Ära zu Ende – aber es geht ja immer weiter, manchmal bloß anders.“

Neben dem Ehrenamt arbeitete Robby auch in Krautheim – als Telefonist in der Zentrale, erst in der Werkstatt, später im EKWZ. „Ich habe dabei die unterschiedlichsten Menschen kennengelernt. Ein bisschen so wie bei meinen Lieblingsthemen Musik und Film: Es wird nie langweilig.“

Und Musik – die zieht sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Seit den 70er-Jahren schrieb er im Vereinsmagazin Leben und Weg seine eigene Musik-Kolumne. In „Wir schallplatteln mit Neuerscheinungen“ stellte er neue Vinyl-Schätze vor, oft mit überraschenden B-Seiten. In „Robbys Musik-Boutique“ kamen ABBA, Bay City Rollers, Human League oder Manfred Mann’s Earth Band zu Wort –zwar nur durch seine geschulten Ohren, aber immerhin. Ab Ende der 80er schwärmte er über die neue Klangwelt der CD – von Ernst Mosch über Münchner Freiheit bis Annie Lennox. Später schieb er zusätzlich Filmbesprechungen: von Titanic bis Armageddon.

Doch Robby war nicht nur musikalisch im Einsatz. Zehn Jahre lang gehörte er dem BSK-Bundesvorstand an – in einer Zeit, in der immer auch jemand aus Krautheim im Vorstand saß. „Das wünsche ich mir zurück, schließlich liegen die Wurzeln des BSK hier.“ Nach seiner Bundesvorstandszeit engagierte er sich weiter – lange im Vorstand des BSK-Bereichs Hohenlohe-Franken.

Ob auf der großen politischen Bühne oder im Alltag: Robby kämpfte immer für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen. „In den 80ern und 90ern hatte der BSK enorme Schlagkraft. Wir organisierten riesige Demos, gaben Stellungnahmen ab und brachten sogar eine Grundgesetzänderung mit auf den Weg.“ Heute sei es ruhiger geworden. Viele der früheren Mitstreiter seien leider nicht mehr aktiv oder sogar bereits verstorben. Die Jüngeren arbeiten oft eher lokal als bundesweit. „Das ist gut, aber ich wünsche mir zum 70-jährigen Vereinsjubiläum, dass der BSK wieder lauter wird – wie eine Schallplatte in der Disko, die alle aufhorchen lässt. Wir brauchen diese Schlagkraft und Reichweite zurück, um Deutschland wirklich barrierefrei und inklusiv für alle zu machen.“