Page 9 - 70_Jahre_BSK
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 bronn und Ulm. Diese Gruppen waren weit mehr als nur Treffpunkte; sie boten soziale Unterstützung, organisierten gemeinsame Aktivitäten und begannen, Forderungen an Politik und Gesellschaft zu formulieren.
Die Verbindung untereinander wurde als Überlebensstrategie begriffen: Allein die Mobilität war oft eine große Herausforde- rung, denn barrierefreie Verkehrsmittel gab es nicht, öffentliche Gebäude waren kaum zugänglich. Fahrdienste und gemeinsame Fahrten wurden organisiert – ein Engage- ment, das auch den sozialen Zusammenhalt enorm stärkte.
Ein wichtiger Meilenstein war die Einfüh- rung des Fahrdienstes für Mitglieder ab 1957, der Menschen mit eingeschränkter Mobilität den Zugang zu Arbeitsstellen und sozialen Veranstaltungen erleichterte. Die ehrenamtlichen Fahrer waren häufig selbst Betroffene oder enge Angehörige.
1960–1964: Aufbruch in eine neue Zeit
Die 60er-Jahre bringen eine Welle gesell- schaftlicher Veränderung mit sich. Innerhalb des BSK werden die Selbsthilfegruppen zunehmend professioneller organisiert. Der Verband wächst kontinuierlich und kann mehr Mitglieder für sich gewinnen. Neben dem sozialen Austausch gewinnen nun auch politische Forderungen an Gewicht.
Bereits 1961 fand der erste große Verbandstag statt, auf dem Ziele für die kommenden Jahre formuliert wurden: Barrierefreiheit, gleichberechtigte Teilhabe an Bildung und Arbeit sowie eine Verbes- serung der medizinischen Rehabilitation standen ganz oben auf der Liste.
Das Thema Berufliche Integration rückt nun zunehmend in den Fokus. Gemeinsam mit Arbeitsämtern und Ausbildungsstätten werden erste Pilotprojekte gestartet, um Menschen mit Körperbehinderung bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Diese Projekte zeigen erste Erfolge, sind aber noch stark experimentell.
1965–1969: Vernetzung, Öffentlichkeitsarbeit und
politische Weichenstellung
In dieser zweiten Hälfte der 60er-Jahre intensiviert der BSK seine Öffentlichkeits- arbeit und schafft es, die gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf die Anliegen von Men- schen mit Körperbehinderung zu lenken. Flyer, Zeitungsartikel und Vorträge werden regelmäßig organisiert, oft unter schwieri- gen Bedingungen.
1967 ist ein Schlüsseljahr: Der BSK schließt sich erstmals mit anderen Behin- dertenverbänden zusammen, um gemein- same politische Ziele zu verfolgen. Die Gründung von Landesverbänden führt zu einem besseren föderalen Zusammenspiel und regionaler Stärke.
Gleichzeitig wird die Forderung nach einer barrierefreien Infrastruktur lauter. Erste Gespräche mit Stadtverwaltungen und Verkehrsbetrieben führen zu kleinen Verbesserungen, etwa bei Haltestellen oder öffentlichen Gebäuden – wenn auch oft nur symbolisch.
Ein weiterer großer Erfolg ist die Einfüh- rung einer sozialrechtlichen Beratung für Mitglieder ab 1968, die den Betroffenen hilft, sich im komplexen System von Sozial- hilfe, Renten und Rehabilitationsmaß- nahmen besser zurechtzufinden.
1964
Erste planmäßige Fundraising-Maßnahmen (z. B. „Pfennighilfe“)
1965
Umbenennung des Verbandsmagazins in „Der Körperbehinderte /
LEBEN & WEG – Zeitschrift für zivile Körperbehinderte, Querschnittsgelähmte,
Kindergelähmte, Schwerstbehinderte u.a.“
1967
Bau einer Wohneinrichtung für Menschen mit Körper- behinderung in Krautheim;
Mitgliedschaft im Paritätischen Wohlfahrtsverband
1969
Bau eines Ferien- und Erholungszentrums für Menschen
mit Körperbehinderung in Sosberg
 Leben & Weg im Jahr 1965
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